Tjede Peckes

 

 

            Der Kampf um die Wurster Freiheit

        -Tjede Pekes und ihr historisches Umfeld

 

 

 

 

Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts mußten die Wurster um ihre angestammte Freiheit kämpfen, erst gegen den Einmarsch der Lauenburger, dann gegen Bischof Christoph, den Landesherrn in Bremen. 1517 kam es zu einer entscheidenden Schlacht am Wremer Tief. Auch eine große Zahl von Frauen kämpfte auf Seiten der Wurster unter Anführung der Fahnenjungfer Tjede Peckes. Die Sagen um diese Jungfrau haben einen historischen Kern. 500 Männer und 300 Frauen, darunter die mutige Tjede, sollen damals gefallen sein. Tjede Peckes ist, wie Jeanne d'Arc, eine der jungen Frauen, die im hohen und späten Mittelalter Geschichte aktiv mitgestalteten. 

 

 

 

Dr. Nicola Borger-Keweloh

 

 


 

Schlacht am Wremer Tief  und Tod der Fahnenjungfrau Tjede Peckes

 

Seit der Zeit der Missionierung von Land Wursten ab 780 n. Chr. durch den Mönch Willehad war das Land zu Bremen gehörig. Seither mussten die ansässigen Friesen schon den Andreasschatz an das Erzbistum Bremen zahlen: am 30.11. einen jeden Jahres musste jedes Haus an die Bremer Kirche zahlen. Dazu kam noch der recht geringe Willkommensschatz.

 

Es gab keine Herzöge und Klöster in Land Wursten. Der unabhängige Bauernstaat wurde auf den König unmittelbar zurückgeführt. 16 Ratgeber und je 2 Vollmachten aus den neun Kirchspielen  - Imsum, Wremen, Mul­sum, Misselwarden, Dorum, Midlum, Padingbüttel, Cappel, Spieka -  waren nicht nur die Ordnungsinstanz im Lande, sie vertraten diesen Wurster Bauernstaat auch nach außen gegenüber den Herren der angrenzenden Territorien: dem Bremer Erzbischof und den lauenburgischen Herzögen als Herren von Land Hadeln. 

 

 1508 wurde eine Art Verfassungsurkunde bezeugt, die Wurster Willkür. Die 16 Ratgeber mit den 18 Vollmachten haben damit ein Gesetzeswerk vorgelegt, das einerseits das Leben in Wurstfriesland und andererseits die Stellung der Ratgeber selber bestimmt. Diese Wurster Willkür wurde auf der Tingversammlung am Sievershamm verlesen und als Landrecht angenommen.

 

Friesische Freiheit hieß: Wurster mussten keinen Heeresdienst außerhalb des eigenen Landes machen und es gab auch kein Feudalsystem.

 

Das fruchtbare Marschenland weckte aber Begehrlichkeiten: Die Wurster mussten ihren  Bauernstaates in mehreren Schlachten gegen kirchlich-weltliche Herrschaftsansprüche verteidigen. 1484 – 1524 findet die aufregendste Periode der ganzen Wurster Geschichte statt,  an deren Ende der Verlust der Selbständigkeit steht.

 

Als der Erzbischof Christoph 1512 das Regiment des Erzstiftes Bremen übernahm, wendete sich das Blatt. Er gab sich nicht mehr zufrieden mit der äußeren Anerkennung als geistlicher Oberherr der Wurster. Ihn lockte die Lage der Wurster an der Wesermündung, der Steuerertrag des fruchtbaren Marschlandes, das militärische, kriegsgeübte Aufgebot der Einwohner und die Gerichtshoheit. Er bereitete den Angriff seit 1515 vor und seine Trup­pen griffen 1517 an. Es kam es zu der verlustreichen Schlacht am Wremer Tief und zum Tod der Fahnenjungfer Tjede Peckes. Der Erzbischofs Christopher von Bremen stellte harte Friedensbedingungen. Das Land wurde Bestandteil des Erz­stifts Bremen.

 

Der Vertrag von Imsum sah nicht nur die Aufhebung der bisherigen Landesverfassung,  die Übernahme der Kriegskosten und erhebliche Abgaben vor,  auch die Hoheitsrechte über Wasser und Strom, über Häfen und Straßen gingen an den Erzbischof über. Die gedemütigten Wurster hatten als Zeichen ihrer Unterwerfung auch eine Burg zu errichten, die Burg Morgenstern in Weddewarden. Außerdem wurden 120 Geiseln aus den vornehmsten Wurster Familien genommen. Eine Huldigungssszene an der Imsumer Kirche besiegelte 1518 das Ende der Wurster Unabhängigkeit und die Angliederung des Landes an das Erzstift Bremen.

 

Nach Fertigstellung der Burg reisten eine Anzahl maßgeblicher Würdenträger und Beamter unter Führung von Konrad Klenck aus Bremen an und wollte an der Tingstätte der Wurster - dem Sievershamm - Verhandlungen führen. Es kam aber zum Streit mit den Wurstern, die daraufhin die ganze bischöfliche Gesandtschaft binnen kurzem niedermachte. Seither wird die Stelle auch Klenckenhamm genannt.

 

Es folgten sieben Jahre in enger staatsrechtlicher Verbindung mit dem  Herzogtum Sachsen-Lauenburg, ständig in Unruhe und in Angst vor einem Überfall des Erzbischofs.

 

Dazu kam es 1524, das Heer von Erzbischof Christopher griff erneut an, die Wurster hatten sich an der Mulsumer Kirche verschanzt. Die Schlacht endete verlustreich für die Wurster. Die siegreichen bischöflichen Truppen plünderten das ganze Land Wursten und brannten es nieder. Es sollen nur noch sieben Häuser in ganz Lande Wursten stehen geblieben sein. Die Überlebenden flohen und kehrten erst im Dezember in das völlig verwüstete Land zurück.

 

1525 wurde der Stader Frieden geschlossen: Wursten verlor seine Unabhängigkeit und wurde endgültig in das Erzstift Bremen eingegliedert. Das Ende der Gerichtshoheit der 16 Ratgeber war gekommen. Es gab in jedem Kirchspiel einen Vogt als Richter, wobei das Amt mit Wurstern besetzt werden sollte. Die Vögte unterstanden dem erzbischöflichen Amtmann in Bremervörde. Den Wurstern blieb das politische wichtige Deichgeschworenen­amt.  Die Wurster durften selbstständig keine Verträge mehr schließen, das Strandrecht wurde dem Erzbischof zugesprochen und das alte Wurster Siegel wurde eingezogen. Es mussten erhebliche Abgaben geleistet werden. Auch in den nächsten Jahrzehnte kam es im Land unter der Bremer Herrschaft immer wieder zu Unruhen.